Die Bodenarbeit - erste Schritte

8.4.2015 / Permalink

Thema: Bodenarbeit /NHS / erste Schritte:

Bis vor ungefähr zwei Jahren dachte ich noch Bodenarbeit sei nur die klassische Handarbeit der hohen Dressur. Weit gefehlt.

Heute weiß ich, dass auch alltägliches Führen, Hufe anheben und Stehenbleiben Formen der Bodenarbeit sind.
Es geht dabei um Respekt und Vertrauen und darum, ganz in die Nähe, in den privaten Bereich des Pferdes, zu dürfen.
Wir Menschen nehmen uns heraus ständig Körperkontakt herzustellen zum Pferd -  egal ob beim Streicheln, dem täglichen Putzen oder Satteln.
Wenn wir als Partner akzeptiert werden vom Pferd ist das auch in Ordnung.

Nun stellt sich die Frage WIE werde ich Partner von meinem Pferd?
Eine gute Möglichkeit ist meiner Meinung nach NHS- Training.

Bodenarbeit ist in aller Munde und wird auch immer mehr von Sportreitern genutzt.
Viele haben erkannt, dass das Horsemanship -Training nicht nur für Cowboys und ihre Pferde sinnvoll ist.

Das Vertrauen seines Pferdes vom Boden aus gewinnen bringt enorm viele Vorteile mit sich.
 

Die Vorteile:

  • Vertrauensaufbau

  • Erziehung

  • Gelassene Pferde

  • Abwechslung im Training

  • Bessere Kommunikation

  • Gegenseitiger Respekt

  • Gute gemeinsame Partnerschaft

  • Weniger Probleme im späteren Training.

Egal ob junges oder altes Pferd, mit jedem Pferd kann man Bodenarbeit machen wenn es gesund ist.
Vertrauensaufbau mit einem neuen Pferd geht um einiges schneller mit Bodenarbeit.

Jedes Pferd ist ein Fluchttier und es braucht jemandem, dem es vertraut und dem es folgt auch in vermeintlich brenzligen Situationen.
Wir müssen also im Pferdestall immer „Herr über unsere Emotionen“ sein damit das Pferd uns auch wirklich ernst nehmen kann.
Eine führende Position muss von einer Person ausgeübt werden auf die man sich verlassen kann.
Einen Tag so, am anderen Tag so wird kein Pferd verstehen und auch nicht akzeptieren.

 

Junge Pferde:
Eine solide Grundlage der Erziehung und eine gute Vorbereitung für späteres Anreiten.
Das Führen und Wortkommandos wie „Halt“ oder „Komm“ sind die ersten Schritte. Später kann man die Jungtiere auch schon an Planen oder Regenschirme gewöhnen.
Ein junges Pferd, das seinem Besitzer vertraut, wird sich ohne Probleme das erste Mal satteln lassen... Das Training sollte immer ruhig ablaufen, ohne Stress oder Angst und ohne Zeitdruck. Ruhe, Geduld und LOB sind immer die Basis eines jeden Trainings.

Neue Pferde:
Jeder der ein neues Pferd gekauft hat, weiß dass aller Anfang oft schwer ist.
Ein neuer Stall, neue Pferde, neue Umweltreize, kein Vertrauen zum „neuen“ Menschen.
Auch hier kann ich nur empfehlen sofort das wichtige Vertrauen durch Bodenarbeit aufzubauen. Es ist unglaublich um wie viel schneller sich eine gute Basis schaffen lässt, als ohne Bodenarbeit. Die ersten Schritte sind Führen und Halten und ein aneinander gewöhnen. Bestenfalls kommt der Neue beim freien laufen lassen auf Kommando zum neuen Mensch. Dann hat man schon viel geschafft! Keine Sorge wenn manches etwas länger dauert, bloß nicht über Dominanz versuchen sein Pferd zu zwingen, da macht man jegliches Vertrauen ganz schnell wieder kaputt.

Ältere Pferde:
Auch bei älteren Pferden ist Bodenarbeit absolut toll und sinnvoll und oft eine willkommene Abwechslung. Auch ältere Pferde möchten gefördert werden und mitdenken. Für Pferde die schon in Rente sind und vielleicht krankheitsbedingt nicht mehr so fit, sind reine Schrittübungen absolut eine Bereicherung vom Koppelalltag.

Bodenarbeit ist sehr vielseitig. Im Prinzip ist ein Verladetraining genauso Bodenarbeit wie Gymnastikübungen an der Hand.

Wir Pferdebesitzer müssen uns im Klaren sein dass wir ständig dem Pferd etwas vermitteln - oft unbewusst.
Dabei müssen wir nicht mal etwas sagen, unsere Körpersprache, unsere unterschwellig ausgesendeten Stimmungssignale: Das alles ist Kommunikation genug.
Schlechte Laune merkt ein Pferd sofort, auch wenn man versucht, die zu überspielen.

Also auf eine gute Grundstimmung achten und für das Pferd verständliche Signale aussenden und klare Linien beibehalten.

 

Die Basis einer guten Beziehung ist das VERTRAUEN.

Es gibt viele Kurse und Seminare zum Thema Bodenarbeit die einen wirklich unterstützen können.

Wie kann man mit Bodenarbeit beginnen?
Zum Beispiel nach Pat Parellis grundlegenden Übungen.

 

(Achtung bitte einen guten Trainer suchen der individuell auf das jeweilige Pferd eingeht!
Ich halte absolut nichts von den „Dominanzspielchen“ die manch einer fälschlicherweise ausführt! Meiner Meinung nach muss zwar der Mensch ranghöher sein, aber immer gerecht, und er darf niemals Druck aufbauen die Angst erzeugt oder die ein Pferd „bricht“.
Es gibt immer gute positive Wege und auch gute Trainer die ohne Aggression oder extremes Dominanzverhalten auskommen.
Kurze persönliche Geschichte: Ich habe gerade ein neues Pferd mit dem ich Bodenarbeit begonnen habe. Selbstverständlich mit Hilfe einer guten Freundin die schon in vielen Kursen war. Hände oder Gegenstände hochnehmen ist bei meinem neuen Partner Pferd rein vom Gefühl her, noch keine gute Idee. Das merkt man sofort wenn das Pferd Angst bekommt. Also wird das bei uns, nach kurzer Absprache, nicht angewendet... Die Basics gehen auch wunderbar ohne diese dominante Geste, bei uns. 
Ich meine damit: alles bitte individuell auf das Pferd abstimmen - merkt man ein Angstverhalten, bitte nicht machen! Konsequent und klar: JA, pure Dominanz: NEIN.
Beim Mensch sollte absolut die Komfortzone für das Pferd sein. Übungen nach PP ja, sehr gerne - aber individuell abgestimmt. Das ist meine persönliche Meinung dazu.)

 

Die Sieben Spiele von Pat Parelli kurz erklärt:

Das Prinzip der Sieben Spiele beruht auf dem natürlichen Herden- und Spielverhalten der Pferde.

Die ersten drei Spiele sind die Grundlagen, die sich mit Vertrauen und Akzeptanz beschäftigen, die letzten vier Spiele sind diejenigen die Kommunikation verbessern.

  • Friendly Game (Freundlichkeitsspiel): Berühren und Streicheln am ganzen Körper, Signalisieren, dass vom Pferdebesitzer keine Gefahr ausgeht. Der Mensch ist für das Tier da, führt es, das Tier kann ihm vertrauen
  • Porcupine Game (Stachelschweinspiel): von einem Druckpunkt wegbewegen – kontinuierlicher Druck wird angewendet
  • Driving Game (Fahrspiel): Treiben des Pferdes rückwärts oder seitwärts ohne es zu berühren. Rhythmischer Druck wird angewendet, auch Vorhandwendung oder Hinterhandwendung.
  • Yo-Yo-Game (Jojo-Spiel): Rückwärts wegschicken und zurückholen.
  • Circling Game (Zirkelspiel): Das Pferd dreht seine Runden auf dem Zirkel, ohne dass der Mensch ständig antreibt oder Blickkontakt hat.
  • Sideways Game (Seitwärtsspiel) Schulterherein, Schenkelweichen
  • Squeeze Game (Engpassspiel): über Planen gehen, durch „Gassen“ gehen, Verladetraining.

Der Sinn vom „Friendly Games“:

* keine Gefahr geht vom Mensch aus,
* Gelassenheit bei Planen, Plastiktüten, Schirmen,...
* das Pferd lässt sich überall anfassen und berühren (wichtig im Alltag)
* Vertrauen wird soweit aufgebaut, dass der Fluchtinstinkt kontrollierbar ist
* Equipment wie zB Gerte wird der Schrecken genommen
* und der Besitzer wird als „Chef“ akzeptiert.

Um Muskeln langsam aufzubauen sind auch die Gymnastikübungen an der Hand meiner Meinung nach sehr sinnvoll. Seitengänge, weichen an der Hand oder Rückwärtsrichten kann man so spielerisch am Boden trainieren.

Das LOBEN ist bei der Bodenarbeit essentiell und darf nie vergessen werden.
Positive Mitarbeit vom Pferd ist erwünscht.

Alles in allem ist die Bodenarbeit sofern fair ausgeführt eine wirklich tolle Sache die wirklich jeder Pferdebesitzer machen sollte. Kurse werden in fast jedem Reitstall angeboten.
 

Auch einige unserer Mitgliedsbetriebe bieten Kurse dieser Art an. Ich freue mich auf ihre Anfrage! www.reitarena.com

Nadja Müller von Pferdeverstehen hat eine lesenswerte Seite
und einen Blogartikel über das richtige Führen: Vom Führen - oder wann mir die Führposition egal ist

 

Foto: Mitgliedsbetrieb REITARENA AUSTRIA: Wanderreithof Kern / Mühlviertel

Text: Daniela Geiger / 8. April 2015